Diskurs:
 
 

Kommentare

Bedingte Grundeinkommen für
gesellschaftliches Engagement [BGE:GE]
versus „Bedingungslose Grundeinkommen für jeden“ [BGE]

Datum
 

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Kommentar
 

19.05.2015,
15:06
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

18.05.2015,
23:14
 
 
 
 
 
 

Martin Nauhaus
/ Westhausen b. Gotha
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Simone Weikelt
/ Erfurt
 
 
 
 
 
 

Lieber Nico, auch ich habe mich lange gegen den Begriff "Kreativwirtschaft"
gewehrt und tue es noch. Zur Wahrheit gehört, daß die K. per definitonem
erwerbswirtschaftliches Arbeiten beinhaltet, ganz gleich, ob man "Produzent"
oder "Vermarkter" ist.
Das Bedingte Grundeinkommen (wie die "Grundsicherung") käme Künstlern
und anderen Berechtigten zu - quasi anstelle eines anderen, aus ihrer
künstlerischen (oder sonstigen) Tätigkeit herrührenden Einkommens.
Auch dies wäre also eine Art erwerbswirtschaftliches Arbeiten, wenngleich
auf niedrigstem Niveau.
 
Im Grunde stinkt mir dieses ganze kapitalökonomische Gequatsche. Es geht
doch in Wahrheit gar nicht darum, ob ein Mensch durch seine Arbeit leben
kann, sondern es geht darum, welchen Wert man seiner Arbeit zumißt.
Auch das BGE wird nicht das Bewusstsein der meisten Menschen ändern,
nämlich dahingehend, daß Kunst und Kultur Werte an sich sind.
Diese "meisten Menschen" aber sind Wähler, und sie wählen - nicht Kultur,
sondern diejenigen, die ihnen ein angenehmes Leben versprechen.
Wenn dann noch Kultur da ist, ist es nett, wenn nicht, auch egal, Hauptsache,
das Auto fährt zur Arbeit und in den Urlaub.
 

lieber nico, mr. dercon hat den nagel auf den kopf getroffen. besser kannst du
es auch nicht schreiben. keine ahnung was die lösung ist.
ich verfalle vorerst einfach in eine "künstlerstarre", engagiere mich kreativ
ehrenamtlich dort wo es hingehört, lehne jede unangemessene anfrage wohl
argumentiert ab und hoffe, das andere nachziehen um bewusstsein zu schaffen.
der kunst gehts auch ganz gut in meine kopf - bis dahin und wenn sie einmal
ausbrechen mag, dann lasse ich sie einfach, auch gern ohne publikum.
 

18.05.2015,
19:30

 
 

Thomas Nicolai [LMB]
/ Erfurt

 
 

Liebe Simone, ich gebe es zu, ich habe Deinen Kommentar benutzt, um auf
eine verbreitete Einstellung reagieren zu können - was mir im Kontext der
Diskussion [BGE:GE] wichtig erschien...

 

Ich habe diese Argumente zu oft gehört:
Du bist selber schuld an deiner prekären Situation! Warum bist du so größenwahnsinnig? Mach es eine Nummer kleiner!
Warum kannst du dich nicht (wie wir) mit dem Mittelmaß zufrieden geben?

 
Die Argumente kommen meist von denen, die sich mit den Umständen arrangiert haben und eifersüchtig darüber wachen, dass
andere auch nicht über das Mittelmäßige hinauskommen. Es sind die selbstgefälligen „ewigen Verhinderer“, die auch einmal vom
„Besonderen“ träumten, diese Träume aber irgendwann einem geruhsamen Leben geopfert haben.
Dich zähle ich nicht dazu. Mir war schon klar, dass Du etwas anderes ansprechen wolltest. (aber vorher wollte ich diesem
Argument begegnen)
.
 
Freiwillige Selbstausbeutung - man muss das differenzieren!
Natürlich stimme ich Dir zu: Man muss lernen, Nein zu sagen, die eigene permanente Verfügbarkeit infrage zu stellen!
Gerade das kann ich mit dem Bedingten Grundeinkommen für Künstler erreichen. Ich muss nicht jeden Job zu jedem Preis
annehmen. Ich habe eine existenzielle Grundabsicherung und kann es mir leisten, Nein zu sagen.
 
Ich sehe es genau wie Du, dass wir Künstler aus dieser Falle kaum noch entkommen können. Wir tragen unsere Seele zu Markte.
Offiziell tun wir so, als ob die Geschäfte gut liefen (denn Image ist alles), aber insgeheim hecheln wir jedem kleinen Auftrag
hinterher, nur um irgendwie weiter im Spiel zu bleiben und um recht und schlecht überleben zu können.
 
Damit verderben wir wirklich die Preise! Und was bleibt? Nicht einmal gute Kunst - nur abgefuckte, desillusionierte, gedemütigte
Künstler, die den Glauben an ihre einstigen Ideale längst verloren haben.
 
Wo sind unsere Visionen geblieben, Kameraden im Geiste, wo unser Stolz, unser Aufbegehren, unsere kreativen kriminellen
Energien? Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern zu gebären. (F.N.)

 
„Kreativwirtschaft“ ist eine irreführende suggestive Beschwörungsformel, an die wir uns klammern wie die Affen auf dem sinkenden
Schiff. Natürlich gibt es Wirtschaftlichkeit in der Kunst, das beweist der Kunstmarkt. Aber wie viele können daran partizipieren -
und wer profitiert wirklich davon?
 
Wir müssen uns eigestehen - und ganz besonders müssen wir mit diesem Klischee im Bewusstsein der Öffentlichkeit endlich einmal
aufräumen - Kunst und Wirtschaftlichkeit passen nur sehr unbefriedigend zueinander. Was dabei herauskommt, sind meist faule
Kompromisse.
 
Die Öffentlichkeit muss lernen - wenn sie wirklich eine reiche, blühende Kulturlandschaft will, darf sie uns nicht unters Joch der
Wirtschaftlichkeit zwingen! Warum erwartet sie Wirtschaftlichkeit nicht auch von den Politikern und Lehrern?

 
Sollen sie uns an der kurzen Leine Halten und darüber wachen, dass es uns nur nicht zu gut geht! Aber sie sollen dafür sorgen,
dass wir Künstler auch Künstler bleiben dürfen, die mit ihren Visionen die Welt bereichern, und keine Krämer sein müssen,
die für ein paar Cent ihre Seele verkaufen.
 
Ja, wir Künstler müssen uns selbst ausbeuten, wenn wir unsere Ideale einlösen wollen! Die Frage ist nur:
Wofür beuten wir uns aus? Für unsere Ideale, unsere Visionen, für die Kunst?
Oder nur für einen gefräßigen Markt unter unfairen Bedingungen und für ein bescheidenes Überleben.

 
 

17.05.2015,
18:30
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08.05.2015,
20:41
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06.05.2015,
22:07
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Simone Weikelt
/ Erfurt
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Martin Nauhaus
/ Westhausen b. Gotha
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Simone Weikelt
/ Erfurt
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So mein Lieber, und jetzt stellste noch einmal meine These zur Diskussion!!!!!
 
 

ADDENDUM 1: Kultur ist ein Menschenrecht, das vom Staat ebenso
unterstützt (und damit alimentiert) gehört wie das Recht auf Bildung
oder jenes auf Sicherheit.
 
ADDEDNDUM 2: "Die Rechte des Menschen auf seine Verrücktheit werden
von falschen »praktisch-rationalen« Hierarchien ununterbrochen bedroht
und in einer Weise traktiert, die man ohne Übertreibung »provinziell«
nennen darf.
Die Geschichte des echt schöpferischen Künstlers ist voll von Mißachtungen
und Übergriffen, mittels derer das kommerzielle Denken den neuen
schöpferischen Ideen des poetischen Denkens eine absolute Tyrannei
aufzwingt." [Salvador Dalì, Unabhängigkeitserklärung der Phantasie und
Erklärung der Rechte des Menschen auf seine Verrücktheit]
Dieser Tyrannei (wie jeder anderen auch) gilt es sich stets und auf das härteste
zu widersetzen!
 

Das muss in den Köpfen der KünsterInnen erst ein mal klar werden. Solange es
KünstlerInnen gibt, die ihre Arbeit unter Wert leisten, kann man ja gar nicht
erwarten, dass ein Bewusstsein über die Problematik beim Rest der Welt
entsteht. Also KünstlerInnen der Welt hört auf damit, unser Prekariat selbst
zu schaffen!!!!!!!!!